Ernährung als Medizin

Unterschwellige, chronische Entzündungsprozesse gehören zu den Gesundheitsrisiken, die man leicht übersieht. Dabei richten sie erheblichen Schaden an und gelten als Mitverursacher vieler Erkrankungen – von Herz-Kreislauf-Leiden über Stoffwechselstörungen bis zu neurologischen Veränderungen. Solche silent inflammations zum Abklingen zu bringen oder zu verhindern, ist deshalb Prävention par excellence. Das Gute ist: Wir können selbst viel tun. Zahlreiche Studien zeigen, dass eine überwiegend pflanzliche, antientzündliche Kost die Schutz- und Reparaturmechanismen des Körpers unterstützt und Entzündungsprozesse beruhigen kann.

Bitte nicht! Das ist wohl meist der erste Gedanke, wenn sich irgendwo eine Entzündung anbahnt. Schließlich sind die Folgen fast immer schmerzhaft. Egal ob Viren die Atemwege und Schleimhäute attackieren oder Bakterien einen Zahn und seine Wurzel angreifen – Entzündungsreaktionen sind immer unangenehm und meist schmerzhaft. Dennoch sind Entzündungsprozesse perfekte Abwehrreaktionen unseres Körpers auf Angriffe von außen. Sobald Unerwünschtes aus der Umwelt in die Körperzellen gelangt, erkennen die weißen Blutkörperchen (Leukozyten) die schädlichen Eindringlinge. Sie setzen Zytokine frei, die weitere Immunzellen aktivieren. Von überall eilt nun Hilfe herbei, um die schädlichen Stoffe zu bekämpfen. Dadurch entstehen die typischen Entzündungszeichen. Sobald die Gefahr gebannt ist, klingen die Beschwerden ab, der Körper kann sich erholen.

Gute Entzündungen, schlechte Entzündungen

Für sich genommen ist eine Entzündungsreaktion also ein normaler Vorgang, der Heilung erst ermöglicht. Aber: „Eine Entzündung ist nur gut, wenn ein Grund da ist, also Viren, Bakterien oder andere gefährliche Stoffe bekämpft werden müssen“, erklärt Professor Dr. Dirk Haller, der an der Technischen Universität München den Lehrstuhl für Ernährung und Immunologie innehat. Läuft sie chronisch still und unbemerkt irgendwo im Körper ab, als silent inflammation, steigt das Risiko für ernsthafte Erkrankungen.  „Schwelende Entzündungen können Gewebe sogar zur Entartung treiben und so die Entstehung vieler Krebsarten begünstigen“, warnt Prof. Haller, der als Immunologe den Zusammenhang von entzündlichen Prozessen und Krebsformen intensiv erforscht.

Grund genug, dafür zu sorgen, dass solche versteckten Entzündungen erst gar nicht entstehen. „Während sich akute Entzündungen durch den Lebensstil und die Ernährung kaum beeinflussen lassen, verhält es sich bei chronischen Entzündungen ganz anders“, ergänzt die Ernährungswissenschaftlerin und Buchautorin Dagmar von Cramm. Das Gute daran: Chronische Entzündungen kann man regelrecht „wegessen“ – mit einer Ernährung, die die Darmbarriere stärkt und unseren Körper mit entzündungshemmenden Stoffen versorgt. Obst und Gemüse spielen dabei die Hauptrolle.

Intakte Darmbarriere – weniger Entzündung

Der Darm spielt bei der Entstehung chronischer Entzündungen eine zentrale Rolle. Denn mit einer Gesamtoberfläche von acht Quadratmetern bietet er Schad- und Reizstoffen eine enorme Angriffsfläche. Um den Körper zu schützen, verfügt er deshalb über ein mehrstufiges Abwehrsystem, in dem mehrere Schutzelemente eng zusammenarbeiten. Neben dem sogenannten darmassoziierten Immunsystem GALT (gut-associated lymphoid tissue) sind das die Darmschleimhaut, eine Schleimschicht und die Darmflora. Sie bilden zusammen die Darmbarriere (siehe Illustration rechts).

> GALT: In diesem lymphatischen Gewebe sitzen 70 bis 80 Prozent aller Immunzellen, die Antikörper wie IGA, Leukozyten und Makrophagen produzieren. „Das Immunsystem des Darms muss permanent entscheiden, ob ein Stoff oder Keim gefährlich oder harmlos ist. Es ist daher sehr gut reguliert und reagiert eher tolerant“, so der Münchner Immunologe Prof. Dirk Haller. In aller Regel schlägt es also nicht jedes Mal Alarm, wenn es mit Konservierungsstoffen, Mikroplastik, Transfetten und künstlichen Aromen konfrontiert wird. Die Abwehrkräfte werden so für den Ernstfall geschont.

> Darmschleimhaut: Die innere Auskleidung des Darms besteht aus der nur eine Zelle dünnen Schicht von Epithelzellen, die durch sogenannte tight junctions miteinander verbunden sind. Aufgrund ihrer Zotten und Mikrovilli hat sie eine riesige Oberfläche für die Nährstoffaufnahme. Becherzellen bilden schützenden Schleim, und Immunzellen sorgen für Abwehr.

> Schleimschicht: Die Schicht aus Schleimstoffen und Abwehrstoffen bedeckt die Darmschleimhaut wie ein schützender Film, der verhindert, dass Bakterien, Gifte oder Fremdstoffe direkt in Kontakt mit den Darmzellen kommen. Gleichzeitig dient sie als Lebensraum für nützliche Darmbakterien.

> Mikrobiom: Bis zu 1000 verschiedene Bakterien­stämme und Billionen von Mikroorganismen besiedeln vor allem den Dickdarm. Ein ausgewogenes Mikro­biom kommuniziert und interagiert ständig mit den Epithelzellen, der Schleimhaut und dem Immunsystem. Eine seiner wichtigen Aufgaben ist, schädliche Keime abzuwehren. Untersuchungen zeigen, dass beispielsweise bestimmte Lactobacillus- und Bifidobakterien entzündungsfördernde Bakterien reduzieren und eine Reihe von entzündungshemmenden Stoffwechselprodukten produzieren, darunter kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat. Dieses liefert nicht nur den Darmepithelzellen Energie. Es stärkt auch die Schleimhautbarriere, wirkt direkt antientzündlich und fördert zudem die Vielfalt an Bakterienstämmen.

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Foto: Vic2473/iStock.com

 

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