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Die Pollen fliegen – was tun?

Foto: Ludmilla Parsyak Photography

Warme Tage, erstes Grün und frische Luft genießen trotz Heuschnupfen – die Naturheilkunde kann sofort und nachhaltig helfen. Tränende Augen, Niesattacken und Schnupfen gehören damit bald der Vergangenheit an.

Nichts wie raus ins Grüne, die wärmende Frühlings- und Frühsommersonne genießen – das ist für Menschen mit Heuschnupfen nicht immer einfach. Die Nase läuft, die Augen brennen, Niesanfälle häufen sich. Wen es erwischt hat, der bekommt schwer Luft, ist schlapp, manchmal stellt sich sogar leichtes Fieber ein. Der Grund: Kommen Mund- und Nasenschleimhäute mit den Pollen von bestimmten Bäumen oder Gräsern in Kontakt, löst das bei den Betroffenen eine Überreaktion des Immunsystems aus. Gut, wenn dann ein natürliches Heilmittel zur Hand ist, das die Beschwerden lindert. Die Naturheilkunde kann aber noch mehr. Ihre Therapien setzen darauf, vorbeugend und damit auch langfristig zu helfen.

Was geschieht bei Heuschnupfen? Die weißen Blutkörperchen identifizieren die Eiweißstoffe des Blütenstaubs als Fremdkörper, die es massiv zu bekämpfen gilt. Mastzellen werden aktiviert, die wiederum Abwehrstoffe freisetzen, darunter Histamin. Dieses wandert durch den Körper und verursacht an den Schleimhäuten Entzündungen und damit die Heuschnupfensymptome. Je mehr Histamin im Körper zirkuliert, desto stärker sind die Reaktionen. Wird der Körper dazu gebracht, weniger davon auszuschütten oder wird der Histaminspiegel gesenkt, bessern sich die Beschwerden.

Akute Symptome lindern, für die Zukunft vorbeugen
Die Therapie eines Heuschnupfens beruht in der Naturheilkunde wie auch in der Schulmedizin auf zwei Säulen: Auf der Akutbehandlung in der Pollenflugphase und auf der Vorbeugungsphase in der allergenfreien Zeit. Die Schulmedizin setzt während des Heuschnupfens auf Antihistaminika, die verhindern, dass das im Körper in großen Mengen zirkulierende Histamin an Rezeptoren in den Schleimhäuten andockt. Vorbeugend gewöhnt sie den Körper mit einer Hyposensibilisierung allmählich an die allergieauslösenden Stoffe (Allergene). Eine solche spezifische Immuntherapie birgt allerdings das Risiko, weitere Allergien auszulösen. Sinn ergibt sie nur, wenn nicht zu viele Sensibilisierungen auf unterschiedliche Allergene vorliegen.

Naturheilkundlich-ganzheitliche Therapien hingegen trainieren das Immunsystem mit Hilfe von Reiztherapien und pflegen Darm und Schleimhäute, wo die körpereigene Immunabwehr angesiedelt ist. Das Ziel: das Immunsystem und den Stoffwechsel so zu stabilisieren, dass sich die Allergieneigung insgesamt verringert.

Ist es eine Allergie oder eine Erkältung?
Ein Atemwegsinfekt wird zumeist durch Viren ausgelöst. Ein Heuschnupfen hingegen ist eine immunologische Fehlregulation des Immunsystems, die zu einer Überreaktion auf eigentlich harmlose Außenreize wie Pollen führt. Er ist eine chronische Krankheit, die sich aber meist nur akut beziehungsweise saisonal manifestiert.

Die wichtigsten Informatio­nen zur Diagnosestellung ergeben sich aus der Kranken­geschichte. Typisch für Heuschnupfen ist, dass er jedes Jahr etwa zur gleichen Zeit und im Zusammenhang mit Allergenkontakten auftritt. Die Absicherung einer Verdachtsdiagnose erfolgt durch eine Untersuchung bei einem Allergologen. Sehr aussagefähig ist dabei der sogenannte Prick-Test, bei dem Allergene in die Haut eingepikst werden. Bei einer Allergie rötet sich an der Stelle die Haut, und es bildet sich eine Quaddel. Blutuntersuchungen (RAST) sind weniger genau, können aber ebenfalls auf eine Allergie hinweisen. Manche Ärzte setzen zudem auf ergänzende Diagnosemethoden wie Elektroakupunktur nach Voll (EAV), Kinesiologie oder ­Augen- oder Zungendiagnose, um einen Allergieverdacht zu bestätigen.

 

Sanfte Reize – neues Gleichgewicht
Das Immunsystem durch das gezielte Setzen von Reizen dazu zu bringen, dass es ausgeglichen reagiert – auf diesem Prinzip basieren verschiedene naturheilkundliche Therapien, die sich in der Heuschnupfenbehandlung bewährt haben. Diese „unspezifischen Reiztherapien“ haben ein Ziel: Das körpereigene Abwehrsystem soll bei nachfolgenden Kontakten mit einem Allergen nicht mehr überschießend reagieren, so dass sich ein Heuschnupfen nur schwach entwickelt oder bestenfalls sogar ganz ausbleibt.

Homöopathie regt die Eigenregulation an
Eine homöopathische Heuschnupfentherapie setzt auf verschiedenen Ebenen an. Eine sogenannte Konstitutionsbehandlung in der beschwerdefreien Zeit – am bestem am Beginn des Winters – reduziert die allergische Neigung, während gezielt eingesetzte Mittel während der Pollensaison die Akutsymptome lindern. Zur Selbstmedikation im Akutfall  haben sich sehr bewährt: Galphimia glauca (Kleiner Goldregen) und Luffa operculata (Luffaschwamm). „Diese Mittel kann ein Patient in niedriger Potenz, also D3 bis D6, auch ohne erfahrene Hilfe versuchsweise einsetzen“, erläutert Dr. med. Ulf Riker, Internist mit den Zusatzqualifikationen Homöopathie und Naturheilverfahren, aus München. Von Galphimia glau­ca D3 nehmen Sie dreimal täglich eine Tablette oder zehn Tropfen ein. Das lindert Allergiesymptome wie geschwollene, gerötete  und brennende Augen, häufigen Niesreiz und ein kribbelndes oder kratzendes Gefühl in der Nase mit den typischen Begleitsymptomen Erschöpfung und Antriebsschwäche. Luffa oper­culata D6 wiederum hilft bei Stockschnupfen, der im Freien besser wird. Die Dosierung hier: drei Wochen lang dreimal fünf Globuli täglich. Auch homöopathische Komplexmittel eignen sich gut zur Selbstbehandlung. Fast alle großen Hersteller haben entsprechende Heuschnupfenmittel im Angebot, zum Beispiel Pascoe (Pascallerg), Kattwiga (Allergokatt) und DHU (Heuschnupfenmittel DHU).  „Sie sind für viele Patienten ein erster Schritt in die Welt der Homöopathie“, so die Erfahrung von Dr. Riker.

Für eine passgenaue Therapie wählt ein Arzt oder Heilpraktiker aus den mehr als 90 verschiedenen Heilmitteln, die in den homöopathischen Nachschlagewerken zur Behandlung eines Heuschnupfens aufgeführt werden, die Arznei aus, die am besten zu den Symptomen passt (siehe Kasten oben).  Für eine erfolgreiche Behandlung ist dabei die Wahl des richtigen Mittels wichtiger als die Höhe der Potenz. „Grundsätzlich gilt: je eindeutiger eine Symptomatik auf eine bestimmte homöopathische Arznei hinweist, je heftiger die Beschwerden sind und je rascher eine Linderung erfolgen soll, umso höher kann die Potenz gewählt werden“, so Dr. Riker. „Zum Beispiel C30.“  Bei einer konstitutionellen Behandlung kommen meist noch höhere Potenzen wie C200 oder LM-Potenzen zum Einsatz. Hier legt ein Homöopath die Gabenhäufigkeit fest.

Bewährte homöopathische Mittel bei Heuschnupfen
Homöopathen empfehlen je nach Patient und entsprechend ihrer persönlichen Erfahrung teilweise unterschiedliche Mittel. Dr. Ulf Riker stellt seine Favoriten samt deren Leitsymptomen vor.

  • Arsenicum album (Weißarsenik): Bren­nende Schleimhäute mit scharfen, wässrigen, wundmachenden Sekreten; geschwollene Augenlider, Sandgefühl im Auge; Patient fühlt sich schwach und gleichzeitig ängstlich-ruhelos.
  • Bromum (Brom): Fließschnupfen mit gleichzeitig verstopfter Nase; Heiserkeit, Atem­enge, trockener Husten; die Lider sind schwer, die Augen können kaum offen gehalten werden.
  • Euphrasia (Augentrost): Viel beißender Tränenfluss bei mildem Fließschnupfen; Lichtempfindlichkeit und Blinzeln, ständiges Augenreiben.
  • Gelsemium (Gelber Jasmin): Heißer, wundmachender Schnupfen; schwere Lider; Patient will die Augen schließen,ist benommen, will seine Ruhe.
  • Iodum (Jod): Heißer Schnupfen; trockener, brennender Rachen, Heiserkeit und asthmatische Atmung.
  • Nux vomica (Brechnuss): Tagsüber Fließschnupfen, nachts Stockschnupfen; heftige morgendliche Niesanfälle; jucken in der Ohrtrompete (Eustachische Röhre); Patient ist überempfindlich und reizbar.
  • Ranunculus bulbosus (Knolliger Hahnenfuß): Jucken und Kribbeln in Nase und Rachen; Augenbrennen; ständiges Räuspern, Schlucken und Schnäuzen.
  • Sabadilla (Läusekraut): Heftige krampfhafte Niesanfälle; Jucken in Nase, Gaumen und zum Teil am ganzen Körper, das bei Temperaturwechsel schlimmer wird.
  • Sanguinaria (Kanadische Blutwurzel): Brennend heiße Trockenheit von Augen und Rachen; keuchende Atmung; Symp­tome wandern von rechts nach links.
  • Wyethia (Wyethia): Juckreiz im Ra­chen, der sich zu den Ohren erstreckt; das „Gaumenzäpfchen“ fühlt sich zu lang an, der Patient „kratzt“ sich ständig mit der Zunge am Gaumen.

Eigenes Blut als Trainingspartner
Bei einer sogenannten Umstimmungstherapie wird etwas körpereigenes Blut – unverändert, homöopathisch oder mit Ozon aufbereitet – in den Gesäßmuskel gespritzt. Das körpereigene Abwehrsystem hält die darin enthaltenen Stoffe für fremd und beginnt, aktiv zu werden. Dadurch verbessert sich die Fähigkeit zur Selbstregulation. Die Eigenbluttherapie ist ein klassisches naturheilkundliches Verfahren, das einige Wochen vor der kommenden Pollensaison durchgeführt wird. Wer gegen Frühblüher allergisch ist, sollte beispielsweise im Oktober mit der Behandlung beginnen. Ein übliches Behandlungsschema besteht aus zehn Eigenblutinjektionen in wöchentlichem Abstand. Dafür entnimmt der Arzt bis zu drei Milliliter Blut aus der Armvene und spritzt es in den Gesäßmuskel. Ebenfalls möglich: eine kompakte Stoßtherapie im September mit sechs Spritzen innerhalb von drei Wochen, die im Dezember durch Allergiespritzen mit homöopathischen Extrakten ergänzt werden sollte. In Deutschland behandeln rund 75 000 Ärzte mit Eigenblut. Die Kosten dafür werden von privaten und einigen gesetzlichen Krankenkassen erstattet. Erkundigen Sie sich deshalb vor dem Behandlungsbeginn direkt bei Ihrer Krankenversicherung nach den Möglichkeiten der Kostenübernahme.

Akupunktur macht das Immunsystem stabiler
Gepikst wird auch bei der nächsten Behandlungsoption – allerdings nicht mit Spritzen, sondern mit Akupunkturnadeln. Die Wirkung dieser chinesischen Heilmethode bei Heuschnupfen ist inzwischen auch im Westen in verschiedenen guten Studien untersucht und eindeutig belegt. „Man weiß beispielsweise, dass die Mastzellen durch die Akupunktur stabiler werden“, erläutert Gabriela Huemer. Die praktische Ärztin mit den Zusatzbezeichnungen Akupunktur und Homöopathie ist die zweite Vorsitzende der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e. V. (DÄGfA). „Das Immunsystem schüttet weniger Botenstoffe wie Histamin und Interleukin 10 aus und bildet weniger IgE-Antikörper  – all das sind körpereigene Stoffe, die an der Entstehung eines Heuschnupfens beteiligt sind.“ Zudem reguliert das Nadeln die Weitstellung der Gefäße, wodurch sich die Heuschnupfensymptomatik, die ja meist mit verstärkter Flüssigkeitsabsonderung (Tränen, Schnupfen) einhergehen, bessert. Auch histaminindizierter Juckreiz und Müdigkeit werden gelindert, die Lebensqualität dadurch deutlich erhöht.

Die Akupunktur hilft vor und während der Allergie. „Manche Patienten kommen präventiv“, so Huemers Erfahrung. „Ihr Ziel ist, keine oder nur leichte Beschwerden zu entwickeln.“ Dafür setzt die Ärztin wenige Wochen vor der erwarteten Pollensaison einmal wöchentlich in der Regel zehn Nadeln unter anderem an den Punkten Dickdarm 4, Dickdarm 20, Milz 6, Magen 36 sowie an einem Allergiepunkt am Ohr. „Bleiben im Rahmen dieser Akupunkturbehandlung die üblicherweise bei dem Patienten zu erwartenden Allergiesymptome trotz Pollenflug aus, akupunktiere ich nur noch alle zwei bis drei Wochen, bis die Saison vorbei ist.“ Kommt jemand mit ersten Symptomen, wird zweimal pro Woche genadelt und oft auch an mehr und teilweise anderen Stellen, um die aktuellen Beschwerden zu reduzieren. „Auch Patienten, die durch Antihistaminika wie Cetirizin keine ausreichende Beschwerdelinderung erreichen, Kortison aber vermeiden möchten, kann mit Akupunktur geholfen werden“, sagt Huemer. „Durch die erste Akupunkturbehandlungsserie werden die Gesamtsymptome meist so gelindert, dass der Patient deutlich weniger Gesamtbeschwerden hat.“ Bei heftigen Symptomen kann es sein, dass trotzdem in dieser Saison noch Bedarfsmedikamente wie Cetirizin notwendig werden, diese aber dann ausreichend die noch verbleibenden Beschwerden lindern. „Es empfiehlt sich, die Akupunkturbehandlung im nächsten und übernächsten Jahr fortzusetzen“, erläutert die Ärztin. „Häufig werden durch die Behandlungswiederholung die Therapieerfolge von Jahr zu Jahr besser.“ Auch Sonderformen der Akupunktur kommen in der Heuschnupfentherapie zum Einsatz. Bei der schmerzfreien Laserakupunktur werden die entsprechenden Punkte mit einem Laserstrahl stimuliert, während bei der sogenannten „Augmentierten Akupunktur nach Covic“ elektrischer Strom die Wirkung der Nadeln verstärkt. Selbst Akupressur kann helfen. So bringt beispielsweise das wiederholte Drücken und Massieren des Winkels zwischen Daumen und Zeigefingerwurzel im Akutfall oft Erleichterung. Weitere hilfreiche Punkte liegen im Gesicht zwischen Oberlippe und Nase genau unterhalb der Nasenlöcher. Sie werden mit Zeige- und Mittelfinger gleichzeitig bis zu fünf Minuten lang mittelstark gedrückt.

Praktische Tipps für den Alltag
Tipp 1:  Lüften zur richtigen Zeit – in der Stadt morgens zwischen 6 und 8 Uhr, denn abends ist hier die Pollenbelastung am höchsten. Auf dem Land fliegen die meisten Pollen in den frühen Morgenstunden, mancherorts schon ab 3 Uhr. Lüften Sie hier abends zwischen 19 und 24 Uhr. Hat es länger geregnet, ist die Pollen­belastung in der Luft ebenfalls gering.

Tipp 2:  Pollenvorhersagen beachten – informieren Sie sich im Internet, mit Handy-Apps, in Tageszeitungen und über das Radio zum aktuellen Pollenflug. Als verlässlich hat sich die Stiftung deutscher Polleninformationsdienst erwiesen, die in ihrem Newsletter wöchentlich eine Vorhersage anbietet (www.pollenstiftung.de)

Tipp 3:  Pollen loswerden – mehrmals täglich das Gesicht und abends die Haare waschen. Nasenspülungen mit Salzwasser nehmen Pollen aus der Nase mit. Auch gut: cremen Sie die Nasenlöcher mit Vaseline ein – dann bleibt zumindest ein Teil der Pollen daran hängen und gelangt nicht in die Nasengänge.

Abhärten mit der Kraft des Wassers
Die Kneipp’sche Wassertherapie mit Wechselduschen, Knie- und Schenkelgüssen sowie Wassertreten hat in einem ganzheitlichen Konzept gegen Heuschnupfen ebenfalls durchaus ihre Berechtigung. Hierbei wird durch den Temperaturunterschied zwischen warmer Haut und kaltem Wasser ein Reiz ausgeübt, der mit der Zeit zu einer Ab­härtung führt. Der Körper lernt sozusagen, ausgeglichener auf Einflüsse von außen zu reagieren – und genau das wirkt der Neigung zu allergischen Reaktionen entgegen. Im Akutfall besonders wirkungsvoll ist das abendliche Wassertreten vor dem Zubettgehen. Es lindert die allergischen Symptome und fördert den Schlaf. Regelmäßige Sauna- und Dampfbadbesuche verbessern ebenfalls die Abwehrbereitschaft des Organismus. Das gezielte, wiederholte Setzen eines starken Wärme- und Kältereizes auf den gesamten Körper trainiert die Fähigkeit der Blutgefäße, sich schnell zusammenzuziehen und wieder zu öffnen. Diese Wirkung kommt auch den durch Histamin erweiterten Gefäßen in der Nasen- und Augenschleimhaut zugute. Sie beruhigen sich und schwellen ab, tränende Augen und Schnupfensymptome werden besser.

Optimierung des Stoffwechsels
Wird der Stoffwechsel in der symptomfreien Zeit stabilisiert, verläuft ein aller­gischer Schnupfen oft wesentlich schwächer. Auf dieser Erkenntnis basiert der Behandlungsansatz der Anthro­posophischen Medizin. Sie versteht eine Allergie als ein Ungleichgewicht des „Nerven-Sinnes-Systems“, durch das der Mensch in Kontakt mit der Außenwelt tritt, und dem „Stoffwechsel-Gliedmaßen-System“ mit Sitz im Bauch. Dadurch entwickelt sich eine  Überwachheit, die dazu führt, dass das Immunsystem falsch reagiert. Werden nun die Gegenpole, also die Leber und die Verdauungsorgane im Magenbereich, mit Gerbstoffen, Bitterstoffen und leberstärkenden Mitteln unterstützt, hilft das auch der körpereigenen Abwehr. Einige Wochen vor dem erwarteten Pollenflug wird die Prophylaxe dann auf die Schleimhäute des Atemsys­tems ausgedehnt. Deren Abgrenzungsfähigkeit verbessern anthroposophische Arzneimittel mit Zitrone und Quitte. Sie lindern dadurch erste Symptome auch noch während der Heuschnupfensaison. Selbst im Akutfall können Bitterstoffe helfen. „Trinken Sie einen doppelten Espresso ohne Zucker und Milch, wenn Sie unterwegs plötzlich von einer Heuschnupfenattacke heimgesucht werden“, rät die Ärztin Huemer, deren  Empfehlungen auf Erkenntnissen der Traditionellen Chinesischen Medizin basieren. „Oder gießen Sie sich einen starken Pfefferminztee mit zwei Beuteln Tee auf einer Tasse Wasser auf.“

Das Immunsystem des Darms unterstützen
Eine Darmsanierung mit Darmreinigung, die Befreiung von dort angesiedelten Darmpilzen und anschließendem Wiederaufbau der Darmflora wirkt ebenfalls oft Wunder. Der Grund: Die Immunzellen des Darms stehen mit allen Körpergeweben in Verbindung und kommunizieren auch mit den Schleimhäuten der Atemwege. Außerdem benötigen die Mastzellen, die bei einem Allergiker eine instabile Membran haben und deshalb bereits bei harmlosen Reizen Histamin ausschütten, stabilisierende Substanzen, die der Körper nur zur Verfügung hat, wenn der Darm richtig arbeitet.

 

Richtig essen – und den Heuschnupfen ausbremsen
Histamin, Hauptverursacher der Heuschnupfensymptome, wird nicht nur vom Immunsystem selbst produziert. Es gelangt auch von außen in den Körper. Deshalb sollten Allergiker während ihrer Leidenszeit auf histaminreiche Speisen möglichst verzichten. Gereifte Lebensmittel wie Käse, Wein und Bier gehören dazu, aber auch geräucherter Fisch, Schinken und Salami sowie Hülsenfrüchte wie Kichererbsen, Sojabohnen und Erdnüsse, Schoko-
lade, hefehaltige Fertiggerichte und Weizenprodukte. Erdbeeren, Zitrusfrüchte, Tomaten, Nüsse und Ananas sollten ebenfalls nicht allzu häufig  verzehrt werden, denn sie können das im Körper gespeicherte Histamin freisetzen beziehungsweise aktivieren.

Natürliche Antihistaminika
Umgekehrt gibt es Speisen, die reich sind an natürlichen Antihistaminika. Sie senken die Histaminmenge im Körper und können – vorausgesetzt, es liegt keine Kreuzallergie vor (siehe Seite 25) – die Symptomatik  lindern.

  • Äpfel, rohe Zwiebeln und Knoblauch sind reich an Quercetin. Dieser Pflanzenschutzstoff stabilisiert die Mastzellmembranen und hemmt dadurch die Ausschüttung von Histamin.
  • Sonnenblumenkerne, Vollkorngetreide, Reis und Blumenkohl sind gute Magnesiumlieferanten. Der Mineralstoff beruhigt die Mastzellen, verhindert die Abgabe des Entzündungsbotenstoffs in den Blutkreislauf und stabilisiert die Schleimhäute.
  • Grüner Tee enthält Catechine, die die Umwandlung von Histidin in Histamin bremsen. Allergische Reaktion werden gestoppt, bevor sie Symptome erzeugen können.
  • Sesam und Brokkoli liefern die Spurenelemente Kalzium, Zink und Mangan. Kalzium blockiert unter anderem die Histaminfreisetzung, Zink stärkt das Immunsystem und stabilisiert die Zellmembranen, Mangan beschleunigt den Histaminabbau.
  • Frisches Obst und Gemüse sind reich an Vitamin C. Dieses reduziert die Freisetzung von Histamin und hilft dabei, vorhandenes Histamin schneller aufzuspalten. Zudem blockert es direkt an der Zellmembran das Andocken des Histamins an den Rezeptoren.
  • Kurkuma enthält den Pflanzenfarbstoff Kurkumin. Er beugt der Freisetzung von Histamin im Körper vor und hemmt Entzündungen.

Wer diese Lebensmittel während der Pollenzeit auf den Speiseplan setzt, kann eine Allergie zwar nicht „wegessen“, aber zumindest abschwächen. Liegt ein nachweislicher Mangel an Stoffen wie Magnesium oder Zink vor, profitieren Allergiker von hoch dosierten Nahrungsergänzungsmitteln. Auch ein Histamin abbauendes Enzym kann helfen (mehr dazu im Beitrag „Enzyme“, ab Seite 52). Einige Wochen vor der Pollensaison eingenommen, ist das Auffüllen der körpereigenen Speicher eine weitere gute Möglichkeit, um Heuschnupfen auszubremsen.

Wo finde ich Hilfe?
Immer mehr Ärzte bilden sich in Natur­heilverfahren fort und vermerken entsprechende Zusatzbezeichnungen auf ihrem Praxisschild. Diese Ärzte finden Sie aber auch über die „Arztsuche“ verschiedener Verbände.

ZAEN: Der Zentralverband der Ärzte für Naturheilverfahren und Regulationsmedizin e. V. hat rund 4500 Mitglieder mit Fortbildungen in den Bereichen Homöopathie, Akupunktur, Phytotherapie, Chirotherapie, Ayurveda, Ernährungsmedizin, Neuraltherapie und Ganzheitliche Zahnmedizin. www.zaen.org

DZVhÄ: Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte ermöglicht die Suche nach etwa 3000 Ärzten, Zahnärzten, Tierärzten und Apothekern, die Mitglieder des DZVhÄ sind und eine entsprechende homöo­pathische Ausbildung nachweisen. www.homoeopathie-online.info

DÄGfA: Über die Schnellsuche der Deutschen Ärztegesellschaft für Akupunktur e. V. finden Sie erfahrene Akupunkturärzte in Ihrer Nähe. www.daegfa.de


Extra
Interview mit Prof. Dr. med. Joachim Saloga, Leitender Oberarzt der Hautklinik

Warum nehmen Allergien immer mehr zu?
In den letzten 50 Jahren ist die Zahl der Allergiker und Heuschnupfenpatienten stark angestiegen. Der Allergologe Prof. Joachim Saloga erklärt, was dahintersteckt.

Herr Prof. Saloga, ist der moderne Lebensstil der Grund für den steten Anstieg von Allergien?
Warum immer mehr Menschen Allergien entwickeln, ist bis heute nicht abschließend geklärt. Verschiedene Untersuchungen haben aber gezeigt, dass Kinder, die in einer hygienisch-reinen Umgebung leben, deutlich häufiger Allergien entwickeln als Kinder, die auf einem Bauernhof aufwachsen. Ihnen fehlt nach dieser „Hygienehypothese“ der Kontakt mit unterschiedlichen Keimen, durch den das Immunsystem ständig trainiert wird.

Welche Rolle spielen Umweltbelastungen?
Pflanzen reagieren auf Belastungen durch Umweltver-schmutzung oder extreme Witterungen wie starke Trockenheit in der Pollenflugzeit. Birken zum Beispiel, die unter Druck stehen, weil sie an belasteten Standorten wachsen, weisen auch in ihren Pollen verstärkt den Eiweißstoff Bet v1 auf, eines der Hauptallergene für den Menschen.

Hat sich dieser Blütenstaub verändert?
Ja, Pollen von Birken an verkehrsreichen Kreuzungen enthalten mehr Substanzen, die eine Immunantwort auslösen können, sie sind also immunogener. Forscher konnten inzwischen unter anderem nachweisen, dass der Kontakt mit Stickstoffdioxid und bodennahem Ozon, die durch Industrie und Autoabgase entstehen, das Allergen Bet v1 chemisch verändert und noch aggressiver macht.

Hat die Klimaerwärmung Einfluss auf die Allergiehäufigkeit?
Je wärmer es wird, desto länger dauert der Pollenflug, und desto weniger Pausen gibt es für Allergiker. Bäume, Gräser und Kräuter blühen früher und bis in den Herbst hinein. Wegen der steigenden Temperaturen machen sich zudem neue Pflanzen breit, wie beispielsweise die Ambrosia (Beifußblättriges Traubenkraut). Die aus Nordamerika eingeschleppte Pflanze mit hohem Allergiepotenzial streut ihre besonders aggressiven Pollen von August bis Oktober. Diesen Beitrag finden Sie in Ausgabe 3/2017.




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