Wir sehen sie nicht, wir spüren sie nicht, und dennoch können sie unsere Gesundheit dauerhaft beeinträchtigen: Versteckte Entzündungen schwelen oft jahrelang unbemerkt im Körper und verursachen nicht selten schwere Erkrankungen. Die Treiber dieser Prozesse verbergen sich meist in Leber, Mund und Darm. Und dort können wir ansetzen, um stille Entzündungen mit natürlichen Mitteln zurückzudrängen – oder um nachhaltig zu verhindern, dass sie überhaupt entstehen.
Stille Entzündungen – heimliche Gefahr für unsere Gesundheit
Entzündungen sind nichts Außergewöhnliches für unseren Körper. Verstauchen wir uns ein Gelenk, ist es eine Entzündung, die zur Schwellung und zum Schmerz führt. Haben wir uns eine Schürfwunde auf der Haut zugezogen, quält sie uns mit Rötung, Hitzegefühl und vor allem mit Schmerz. Während einer Erkältung sind entzündliche Prozesse die Auslöser, weshalb die Nase große Mengen Schleim produziert und rot anläuft. Diese Beispiele verdeutlichen, dass es meist nicht die Schadensereignisse selbst sind, die uns wehtun, sondern die vom Immunsystem ausgelösten und befeuerten Entzündungsreaktionen. Solch „laute“ Entzündungen haben wir alle schon kennengelernt. Manchmal haben sie sich tief in unsere Erinnerung eingebrannt, und so manchen Menschen lassen sie auch nicht wieder los.
Inzwischen zeigt sich aber immer mehr, dass die versteckten, stillen Entzündungen, die in uns vor sich hinglimmen, praktisch unmerklich, aber ganz wesentlich unsere Gesundheit beeinträchtigen. Eine solche versteckte Entzündung wäre, gesundheitlich betrachtet, nicht der Rede wert, wenn sie bald vorüber wäre. Die Abwehr- und Entzündungstätigkeit wird dabei weit weniger hochgefahren als bei einer Infektion, die zu Rötung, Entzündung, Schwellung, Schmerzen und teils auch Fieber führt. Da eine stille Entzündung aber in vielen Fällen chronisch und unbemerkt über Jahre im Hintergrund schwelt, kann sie viel Schaden anrichten:
>> Bei Erkrankungen durch Degeneration und Ablagerung wie Arteriosklerose und bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Demenz haben sich stille Entzündungen als verstärkend herausgestellt.
>> Fettaufbau, gerade im Bauchraum, wird durch viele Entzündungsfaktoren vorangetrieben. Sie re-
duzieren die Wirkung des Hormons Insulin, sodass mehr davon ausgeschüttet wird. Zwar sinkt dadurch der Blutzucker auf akzeptable Höhen, aber das viele Insulin fördert dessen Umwandlung in Fett und setzt dies zusätzlich in den Fettzellen fest.
>> Selbst Krebs kann von einer stillen chronischen Dauerentzündung gefördert werden, weil sie oxidativen Stress verursacht, der nicht nur gesundes Gewebe, sondern auch das Erbgut, die DNA, schädigen kann. Eine Entzündung produziert zudem Wachstumsfaktoren für den Neuaufbau von Körperzellen. Bei einer Hautverletzung ist das richtig, da es den Wundverschluss fördert und das Gewebe heilen kann. Trifft der Dauerbeschuss mit Wachstumsfaktoren durch Entzündungsaktivität aber auf Krebszellen, kann er auch sie in ihrem Wachstum fördern.
>> Last but not least: Stille Entzündungen sind ein wesentlicher Treiber unserer Alterungsprozesse. Forscher sprechen dann von „Entzündungsaltern“.
Versteckt und doch folgenreich
Auch wenn man stille Entzündungen nicht über Schmerzen wahrnehmen oder als Rötung sehen kann, machen sie sich in Beschwerden bemerkbar – aber so, dass der Zusammenhang nicht offensichtlich ist. Dahinter steckt ein komplexer Prozess: Unser Gehirn reagiert empfindlich auf erhöhte Mengen sogenannter Lipopolysaccharide (LPS) im Blut. Die LPS sind Bestandteile der Bakterienhüllen von an sich unproblematischen Darmbakterien. Geraten die LPS aufgrund stiller Entzündungen (im Darm oder Zahnfleisch) in den Kreislauf, lösen sie körperweit ein typi-sches Krankheitsverhalten aus – wenn auch weniger heftig als bei einer „echten“ Infektion. Die Folgen:
>> Entzündliche Prozesse im Gehirn werden verstärkt, zudem steigert sich dort der oxidative Stress. Zugleich gibt es Hinweise, dass die Lipopolysaccharide auch die Blut-Hirn-Schranke schwächen könnten. Problematische Stoffe, die im Blut zirkulieren, können dann leichter ins Gehirn gelangen. Bei der Demenzerkrankung Alzheimer sind LPS sowohl im Blut als auch im Gehirn erhöht. Lipopolysaccharide fördern auch die Entstehung der für Alzheimer typischen Ablagerungen, der Beta-Amyloide.
>> LPS beeinflussen die Stimmung und machen uns teils sogar depressiv. Diese Verhaltensanpassung ist im Krankheitsfall biologisch sinnvoll, sollen wir uns doch bei Infektionen zurückziehen, andere nicht anstecken und uns auskurieren. Bei schleichender LPS-Dauerbelastung aus dem Darm bedeutet das
allerdings immer auch eine deutliche Beeinträchtigung der Lebensqualität.
>> Schnellere Erschöpfbarkeit und häufiges, vorzeitig einsetzendes Müdigkeitsgefühl können mit einer erhöhten Entzündungsaktivität in der Leber und einem hochregulierten Immunsystem in Verbindung stehen. Dies gilt auch für die Fibromyalgie, die sich in schmerzenden Muskeln und Erschöpfungsgefühl äußert. Auch hier bildet das Immunsystem nachweislich vermehrt Antikörper gegen die aus dem Darm stammenden LPS.
Drei Entzündungstreiber – und was sie in Schach hält
In der Leber, in der Mundhöhle, im Darm ist bei vielen Menschen einiges aus dem Lot geraten. Nisten sich an diesen Stellen im Körper entzündliche Prozesse dauerhaft ein, werden sie zum Ausgangspunkt und Treiber einer allgemein erhöhten Entzündungsaktivität. Zum Glück lassen sich genau hier wichtige Regler der allgemeinen Entzündungsaktivität wieder wirksam zurück zu schieben.
Fettleber
Bei der Leber, unserem zentralen Stoffwechsel- und Entgiftungsorgan, hat sich die Lage in den letzten Jahren dramatisch zugespitzt. Die nichtalkoholische Fettleber ist eine junge Erkrankung, die erst vor Kurzem auf dem Radar der Medizin auftauchte. Zuvor wurde die Verfettung der Leber fast nur bei Alkoholmissbrauch beobachtet. Heute lässt sich bereits bei fast jedem vierten Erwachsenen eine nicht-alkoholische Fettleber nachweisen. Dabei lagert sich nicht etwa einfach überschüssiges Fett von Butterbrot, Bratensoße oder Tortenstück in dem Entgiftungsorgan ab. Vielmehr kommt diese gefürchtete Einlagerung überhaupt erst auf Touren, wenn die ortsständigen Vertreter des Immunsystems, die sogenannten Kupffer-Zellen, zu dem Schluss kommen, dass hier im Gewebe etwas nicht stimmt. Dann lösen sie einen „Putzalarm“ aus und fluten ihr Umfeld mit einer Unmenge an Entzündungsstoffen.
Diese verstärkte Entzündungsaktivität in der Stoffwechselzentrale Leber ist für den gesamten Organismus eine große Herausforderung. Sie sorgt dafür, dass die Leber resistent wird gegen das blutzuckersenkende Hormon Insulin, sodass es nicht mehr ausreichend funktioniert. Von hier ergreift das Problem schließlich den ganzen Körper. Auch Muskelzellen werden in der Folge insulinresistent und nehmen Zucker nicht mehr ausreichend auf, was zunächst den Fettaufbau begünstigt und schließlich auch eine Diabetes-Erkrankung zur Folge haben kann.
Lesen Sie den vollständigen Beitrag in Ausgabe 3/2022 von natürlich gesund und munter.
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