Starke Lunge

So haben Viren kaum eine Chance

Sie ist ein faszinierendes Organ: Die Lunge ist leistungsstark und zugleich zart, verletzlich und dennoch als „Grenzposten der Gesundheit“ entscheidend für unsere Immunabwehr. Wir haben es in der Hand, sie vor Angreifern und Schadstoffen zu schützen und bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Denn dass müheloses Atmen keine Selbstverständlichkeit ist, merken wir erst dann, wenn es nicht mehr so reibungslos geht – bei einem akuten Infekt oder einer chronischen Erkrankung.

Unser großes Grenzorgan

Ein – aus – ein – aus … ohne darüber nachzudenken, atmen wir 12- bis 15-mal pro Minute. Pro Tag kommen da sage und schreibe zwischen 18 000 und 22 000 Atemzügen zusammen! Bei jedem Einatmen gelangen aber nicht nur lebensnotwendige Sauerstoffmoleküle durch Mund oder Nase über die Luftröhre in die Bronchien, sondern ungezählte Viren und Bakterien, dazu jede Menge Schadstoffe wie Stickstoffdioxid und Schimmelpilze, Pollen und Hausstaub. Umso wichtiger ist es, dass wir pfleglich mit unserer Lunge umgehen.

Die Lunge hat ihr eigenes Mikrobiom

Normalerweise kann sich die Lunge recht gut gegen den eingeatmeten Feinstaub sowie durch die Luft schwirrende Pollen und Krankheitserreger schützen. Denn als wichtiges Grenzorgan zwischen innen und außen verfügt sie über ein hervorragendes Filter- und Abwehrsystem. Der sich ständig erneuernde Schleim in Nase und Bronchien hält viele Eindringlinge davon ab, über die nach unten feiner werdenden Bronchialäste in die Lungenbläschen zu wandern. In diesem Sekret, das die Zellen der Schleimhaut fleißig produzieren, tummeln sich zudem jede Menge nützliche Mikroorganismen. Sie besiedeln die Oberflächen des gesamten menschlichen Atemwegssystems.

Die Lunge hat also – wie der Darm oder die äußere Haut – ihr eigenes Mikrobiom. Das konnte vor kurzem erstmals mit einem besonderen Sequenzierungsverfahren nachgewiesen werden. Die Erkenntnis verblüffte, denn bis dahin war es gängige Lehrbuchmeinung, dass die Lunge steril sei, schreibt der Pneumologe Dr. Martin Ehlers in seinem kürzlich erschienenen Buch „Neustart für die Lunge“ (Riva Verlag). „Zusammen mit der obersten Schicht der Schleimhaut, dem Epithel, bildet das Mikrobiom die Immunabwehr des Organs Lunge“, erklärt Ehlers. „Und je besser dieses Filter- und Abwehrsystem funktioniert, desto gesünder bleiben die Lungen und desto gesünder ist der ganze Mensch.“

Gefahr Nummer 1: Erreger greifen an

Sobald die Außentemperatur sinkt, steigt die Gefahr, sich über die Lunge mit krankmachenden Viren zu infizieren. Das zeigen nicht nur die aktuelle Covid-19-Pandemie und die Grippewellen, die in nahezu jedem Winter viele Menschen für Wochen ans Bett fesseln, sondern auch die Zunahme von Erkältungskrankheiten in den Wintermonaten. In der kalten Jahreszeit trocknen und kühlen die Schleimhäute leicht aus. Dadurch fällt es den Corona-, Influenza- und Rhinoviren, die per Tröpfcheninfektion übertragen werden, deutlich leichter, das lymphatische Filter- und Abwehrsystem im Rachen zu überwinden. Bei den Coronaviren, die uns zur Zeit das Leben so schwer machen, kommt noch etwas hinzu: Während fast alle Menschen bereits Antikörper gegen bestimmte Grippe- und Rhinoviren gebildet haben und somit auch gegen neue Mutanten dieser Virenstämme zumindest zum Teil gewappnet sind, haben die allerwenigsten bereits eine Infektion mit einem Coronavirus (Sars-CoV-1 oder Mers-CoV-2) durchgemacht. Ihr Immunsystem ist deshalb für die Abwehr dieser speziellen Krankheitserreger bislang noch zu wenig gerüstet.

Während ein grippaler Infekt, der durch die Schnupfenviren (Rhinoviren) ausgelöst wird, fast immer harmlos verläuft und im Normalfall spätestens nach zehn Tagen überstanden ist, setzt eine Virusgrippe (Influenza) ohne jede Vorwarnung Menschen von jetzt auf gleich außer Gefecht. Schüttelfrost, hohes Fieber bis zu 41 Grad, Schweißausbrüche, Kopf- und Gliederschmerzen, Halsschmerzen und Husten fesseln Betroffene bis zu zwei Wochen ans Bett. Schlimmstenfalls kann die Virusgrippe zu einer Lungenentzündung führen. Um sich ganz davon zu erholen, benötigten die meisten vier Wochen, so der erfahrene Lungenspezialist Dr. Volker Brauner. „Denn im Unterschied zu Rhinoviren sind Influenzaviren deutlich aggressiver und verursachen fast immer eine schwere akute Bronchitis, also eine akute Entzündung der Schleimhäute in den Bronchien“, erklärt der Pneumologe, der sich auf Naturheilverfahren und die chinesische Medizin spezialisiert hat. Auch bei einer Infektion mit dem Coronavirus Sars-CoV-2 kann es zu einer Lungenentzündung kommen. „Bei rund einem Prozent der gemeldeten Fälle einer Covid-19-Infektion tritt diese gefürchtete Krankheitserscheinung meist in der zweiten Krankheitswoche auf“, so Dr. Ehlers. „Diese kann zu einem akuten Lungenversagen fortschreiten, das eine hohe Sterblichkeit aufweist.“ Auch wenn das Sars-CoV-2-Virus Organe wie Gefäße, Herz oder Gehirn beeinträchtigen kann, wirkt sich eine Covid-19-Erkrankung doch zuerst in der Lunge aus. Bei schweren Verläufen zerstört die mit der Infektion einhergehende starke Entzündungsreaktion das Lungengewebe. Bei einer Lungenfibrose bildet sich zwischen Lungenbläschen und Kapillaren neues Bindegewebe, wodurch das Lungengewebe – ähnlich wie bei einer Narbe – verhärtet. Der Gasaustausch wird erschwert, das Lungenvolumen immer geringer.  

Das röhrenartige Bronchialsystem in der Lunge gleicht einem Baum, der auf dem Kopf steht. Von der Luftröhre führt jeweils ein starker Ast in den rechten und linken Lungenflügel hinab. Diese Hauptbronchien verzweigen sich weiter und enden in feinsten Verästelungen, an denen rebenartig die Lungenbläschen hängen, die sogenannten Alveolen. Jede der 300 Millionen Alveolen wird von Haargefäßen, den Kapillaren, umsponnen.

Sauerstoff (O2) aus der eingeatmeten Luft strömt durch die hauchzarte Wand der Alveole und der feinsten Blutgefäße ins Blut. Genau diese Stelle, an der der Gasaustausch stattfindet, ist zugleich die Schwachstelle des Portalorgans Lunge. Denn mit dem Sauerstoff können über die Kapillare auch winzige Schadstoff-
Partikel in den Blutkreislauf und somit bis in die Organe oder ins Gehirn gelangen.

Kohlendioxid (CO2) wiederum wird durch diese Membranschichten aus dem Blut in die Lungenbläschen abgegeben und von dort abgeatmet. Auch wenn jedes Lungenbläschen nur 0,2 Millimeter misst, ergibt sich durch deren Vielzahl eine riesige Gasaustauschfläche von 80 bis 100 Quadratmetern.

Lesen Sie den vollständigen Beitrag in Ausgabe 2/2022 von natürlich gesund und munter.

Illustrationen: SciePro, Axel Kock, DesignAB, MIKHAIL GRACHIKOV/alle shutterstock.com

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