An den letzten sonnigen Tagen glänzt die Pracht historischer Heil- und Kurbäder besonders. Lassen Sie sich verlocken und verbinden Sie Kulturerlebnis mit Gesundheitsangebot.
Kurz vor Beginn der dunklen und kalten Jahreszeit brechen viele noch einmal zu Städtetouren in den Süden auf. Aber seien wir ehrlich: Die Kurztrips mit viel Besichtigungen und Pflastertreterei sind oft ganz schön anstrengend. Eine gute Alternative bietet der Besuch alter Kur- und Heilbäder. Dort findet der Gast alles, was Körper, Geist und Seele benötigen: eine sehenswerte alte Bäderarchitektur, schöne Kuranlagen zum Verweilen und regenerierende Anwendungen – zum Teil noch in historischem Ambiente.
Fürstlich und elegant: Bad Pyrmont
Der Ruf des niedersächsischen Staatsbades Bad Pyrmont wurde schon im 16. Jahrhundert begründet, als Tausende aus ganz Europa zum Brodelbrunnen mit seinem wundertätigen Heilwasser pilgerten. Später versammelte sich am Brunnenplatz die feine Badegesellschaft – nicht von ungefähr ist der Kurort auch als Fürstenbad bekannt. Zar Peter der Große war hier ebenso zu Gast wie Kaiser Wilhelm I.
Bis heute ist der auf zwölf Säulen errichtete klassizistische Brunnentempel „Hyllige Born“ Mittelpunkt des Badeortes. Von dort gelangt der Besucher in die neoklassizistische Wandelhalle, in der Bewegungskurse angeboten und alle sechs Heilwässer ausgeschenkt werden. Die Quellen sind aufgrund ihrer jeweiligen Inhaltsstoffe in drei Anwendungsgebiete unterteilt: Während die kalzium- und magnesiumreichen Quellwässer ein guter Durstlöscher sind und die Nieren- und Blasenfunktion anregen, helfen die eisenhaltigen Quellen bei Osteoporose und Arthrose. Mit einer Trinkkur der solehaltigen Quellen können Kurgäste ihre Bronchien stärken, Erkältungen vorbeugen und Magen-Darm-Leiden lindern. Um genaue Anwendungsempfehlungen zu erhalten, konsultiert man am besten zuvor den Badearzt.
Quellengasbäder: Neben der Sole bietet das Bad als besonderes Naturheilmittel CO2-Quellgas. Gesammelt wird das aus Magma entweichende und aufsteigende Gas in einer alten aus Buntsandstein errichteten Dunsthöhle. Von dort wird es zum Gesundheitszentrum Königin-Luise-Bad weitergeleitet. Die natürliche Kohlensäure soll nicht nur bei rheumatischen Erkrankungen und Arthrosen helfen, sondern auch Bluthochdruck und Durchblutungsstörungen bessern. Im Königin-Luise-Bad werden auch Mooranwendungen durchgeführt.
Romantisch und mondän: Bad Wildbad
Das im Nördlichen Schwarzwald gelegene Heilbad gelangte ebenfalls im 19. Jahrhundert zu großem Ansehen. Kaum hatte der Londoner Badearzt Dr. Augustus Bozzi der kleinen Stadt im Enztal den ersten Platz unter den Thermen des deutschsprachigen Raums verliehen, strömten die Besucher aus England in den idyllisch gelegenen Ort. Dem legendären Ruf folgte 1856 auch der italienische Komponist Gioachino Rossini. Überzeugt von der starken Wirkkraft der Solen und angelockt vom jährlichen Belcanto-Festival „Rossini in Wildbad“ im Juli, kommen bis heute Besucher aus aller Welt nach Bad Wildbad. Aufgrund ihrer speziellen Mineralienzusammensetzung aus Kalzium, Fluorid, Natrium und Chlorid sollen die Heilquellen vor allem bei Beschwerden des Bewegungsapparates wie Arthrose und Osteoporose helfen.
Baden im Palast: Sehr sehenswert sind zwei gut erhaltene Kurgebäude: das Palais Thermal und das Forum König-Karls-Bad, das inzwischen nur noch für Veranstaltungen genutzt wird. In der Eingangshalle dieses neobarocken Gebäudes kann man allerdings das Wasser vom Trinkbrunnen kosten und das prachtvolle Treppenhaus bewundern. Die Tore des Palais Thermal hingegen sind weit geöffnet. Beim Betreten des Badepalastes fühlen sich Besucher in die Welt von tausendundeiner Nacht versetzt. Mosaikfußböden aus Marmor und Wandverkleidungen im maurischen Stil sowie spitzbogenförmige Arkaden und Jugendstilfenster verzaubern die Gäste. In diesem Ambiente stehen Massagen auf dem Programm, die Haut und Seele zugleich verwöhnen. Für Wohlbefinden sorgen mehrere Thermalbecken sowie ein ausgedehnter Spa- und Saunabereich.
Naturfango-, Kohlesäure- oder andere Medizinbäder werden in der nahe gelegenen Vitaltherme angeboten. Da das Thermalwasser ständig reichlich in die fünf Brunnen nachfließt, wechselt die Stadt das Wasser in den Becken beider Thermen täglich.
Salzig und stilvoll: Bad Nauheim
Nachdem Mitte des 19. Jahrhunderts die Heilquelle, der sogenannte Große Sprudel, entdeckt worden war, erlangte der hessische Ort bei Prominenz und (Geld-)Adel schnell Weltrang. Der heilkräftigen Sole attestierten Badeärzte eine Heilwirkung vor allem bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Bis heute ist der Anfang des 20. Jahrhunderts im Jugendstil erbaute Kurkomplex mit seinen vielen Badehäusern und der Trinkkuranlage eine Attraktion. Zwar sind die Badehäuser für die Öffentlichkeit zugänglich, aber Anwendungen nur noch in den nahe gelegenen Kurkliniken möglich. Dennoch ist die zum Kurpark offene, hofähnliche Anlage eine Gesundheitsreise wert. Der Quellenausschank in der Trinkkuranlage ist meist geöffnet, und die Gäste können die vom Brunnenmädchen im traditionellen Gewand ausgeschenkten Wässer kosten. Die Sole wirkt Beschwerden der Verdauungsorgane entgegen, regt den Stoffwechsel an und fördert insgesamt das Wohlbefinden.
Wie eine Meeresbrise: Auch vom Besuch der fünf Gradierbauten, der Wahrzeichen des Kurortes, profitieren die Besucher. Bis zu zehn Meter rieselt die Sole an Schwarzdornbündeln an den Außenwänden hinunter und setzt damit salzhaltige Tröpfchen frei. Diese vermischen sich mit der Luft, befeuchten beim Einatmen die Schleimhäute der Atemwege und erhöhen so deren Widerstandskraft. So wirkt der Aufenthalt wie ein Tag am Meer. Diesen Beitrag finden Sie in Ausgabe 6/18