Auszug aus Heft 4/17
Statt immer mehr in immer kürzerer Zeit erledigen zu wollen, wäre es oft sinnvoller, das Tempo zu drosseln. Aber wie? Es lohnt sich, im Alltag Orte und Zeiten des bewussten Rückzugs zu schaffen.
Der neueste Trend heißt Speed-Watching: Der wahre Fan schaut sich Serien heute im Zeitraffer an. In bis zu vierfacher Geschwindigkeit lassen Profis die Folgen durchrauschen, damit sie noch mehr Serien anschauen können. Wer mitreden will, sollte sich auf dem Laufenden halten bei technischen Neuerungen, Moden, Trends. Ganz abgesehen von den „1000 Dingen, die man gesehen haben muss“, wie Buchtitel behaupten, oder den „101 Dingen, die man getan haben sollte, bevor das Leben vorbei ist“. Da heißt es sich ranhalten. Tempo in allen Lebenslagen: Speed-Watching, Speed-Dating, Speed-Wellness.
Ungeteilte Aufmerksamkeit
„Wenn ich stehe, dann stehe ich, wenn ich gehe, dann gehe ich, wenn ich sitze, dann sitze ich“, lehrt der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh. Aber kaum etwas scheint heute schwerer zu sein, als sich auf eine einzelne Tätigkeit einzulassen, sich auf sein Essen zu konzentrieren oder auf ein Gespräch. Denn bei allem, was man tut, verpasst man letztlich anderes. Das Smartphone ist dem modernen Multitasker deshalb der liebste Gefährte, weil es die Illusion verschafft, sich in verschiedensten Kontexten bewegen zu können. In Konferenzen werden nebenbei die Mails der Freunde gelesen, bei Treffen mit Freunden wiederum die Dienstmails gecheckt. Permanent verführen die elektronischen Spielzeuge dazu, die Aufmerksamkeit auf sie zu richten. Statt beim Spaziergang in der Natur auf den Gesang der Vögel zu horchen oder den Duft der Natur zu genießen, kontrolliert man nebenher den Kalorienverbrauch auf dem Fitness-Tracker oder schaut in die Wetter-App.
Doch Körper und Geist, die beim Multitasking immer in Alarmbereitschaft sind, müssen auch mal zur Ruhe kommen. Die Buchautorin Johanna Kulzer („Refugien“, siehe Buchtipp) rät deshalb, sich bewusst Orte des Rückzugs im Alltag zu schaffen, an denen man wieder „den Kontakt zu sich selbst finden“ könne. Ein Refugium, sagt Kulzer, sei „ein Ort, an dem wir uns sammeln und unsere Aufmerksamkeit auf uns konzentrieren“.
Diese Refugien können ganz unterschiedlich ausschauen. So, wie Kinder sich gern in eine Ecke ihres Zimmers verkrümeln oder unter den Tisch kriechen, so können sich auch Erwachsene eine schöne Ecke in der Wohnung schaffen, die befreit ist von allem, was zu viel ist: dem Zuviel an Mobiliar und Dekoration, an Reizen und Dauerberieselung, denn Nichtstun ist wertvoll. Schlafen, Meditieren oder aus dem Fenster Schauen sind keine verlorene Zeit. Lesen Sie den vollständigen Beitrag in Ausgabe 04/2017.