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Heilende Worte

Foto: toimetaja tolkeburoo/unsplash

Kolumne von Dr. med. Isabel Bloss, Ärztin mit eigener Praxis, Schwerpunkt Anthroposophische Medizin, Homöopathie und TCM, gibt Antworten auf Lebensfragen, mit denen sie bei ihrer Arbeit konfrontiert wird.

In letzter Zeit  frage ich mich oft, wo Freundlichkeit, Höflichkeit und guter Ton in zwischenmenschlichen Begegnungen geblieben sind. Für viele Menschen scheint es normal zu sein, sich ruppig zu benehmen – wenn es nicht schnell genug geht oder nicht so, wie man es gerne hätte. Auch Zynismus, Ironie und kleine Bissigkeiten machen sich im Alltag breit. Wenn ich mit meinen Patientinnen und Patienten spreche, bemerke ich, dass vielen genau diese veränderte Kommunikation mehr und mehr zu schaffen macht. Es sind Worte, die uns tief verletzen, kränken, ärgern und ja, auch demütigen können. Darüber sollten wir uns immer wieder klarwerden. Ich denke auch, dass viele Erkrankungen mit buchstäblich kränkenden Äußerungen zusammenhängen. Oft ist vielen nicht mehr bewusst, wie sie mit ihrem Gegenüber sprechen. Mit Kindern, Ehepartnern, Freunden, aber auch an der Supermarktkasse wird einfach drauflosgeredet, ohne einmal innezuhalten und die Worte abzuwägen, bevor man sie ausspricht.

Dabei wäre dies so wichtig, vor allem im Streit oder bei belastenden Gesprächen. Genauso wichtig, wenn nicht noch wichtiger ist aber, wie wir mit uns selbst sprechen. Auch hier können wir uns durch unsere eigenen Worte verletzen, kleinreden und ängstigen. Manchmal hilft es, hinzuspüren, welche Stimme wir da eigentlich in uns vernehmen – ist es nicht vielleicht die der Mutter, des Vaters, eines Lehrers, die früher streng und hart mit uns gesprochen haben? Es hilft allerdings nicht, die Vergangenheit zu verurteilen – oder gar die Menschen, die wohl meist eine gute Absicht hinter den vielleicht harten Worten versteckten. Wichtig ist vielmehr das Jetzt. Heute können wir selbst unsere Worte wählen, können neu und liebevoll mit uns wie mit anderen sprechen lernen. Bei sich selbst anzufangen ist ein erster Schritt. Ich rate meinen Patienten immer wieder dazu – gerade in Lebenssituationen, in denen wir uns schlecht fühlen, weil wir mit einer schweren Diagnose umgehen müssen oder Probleme am Arbeitsplatz oder in der Familie haben. Beobachten Sie einmal, wie Sie mit sich selbst sprechen und wie sich dies auf Ihren Körper, Ihre Haltung und Ihr seelisches Befinden auswirkt, dann bemerken Sie vielleicht, dass Sie nicht gut mit sich umgegangen sind. Sie wissen nicht, wie Sie besser mit sich sprechen könnten? Wählen Sie die Worte, die Sie einem guten Freund sagen würden! Worte können heilen. Als Ärztin versuche ich, Worte zu wählen, die meinen Patienten helfen, ihren persönlichen Weg zur Gesundung zu finden und zu gehen. Worte, das wird mir immer bewusster, sind ein Teil der Medizin, die ich meinen Patienten gebe. Und sie sollten auch ein Teil Ihrer eigenen Seelennahrung sein, Sie aufrichten und trösten, wenn es Ihnen einmal nicht gut geht. Es lohnt sich, den freundlichen Umgang mit sich selbst und damit auch mit anderen Menschen immer wieder zu üben und zu kultivieren – unsere Gesellschaft braucht diese Wärme und Freundlichkeit mehr denn je.

Diesen Beitrag finden Sie in Ausgabe 6/2019






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