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Schutz vor dem stillen Feind im Körper

Foto: Michaela Mayländer

Viele Zivilisationskrankheiten haben eine gemeinsame Ursache: stille Entzündungen, die den Organismus von innen heraus schwächen. Mit der richtigen Ernährung können Sie wirkungsvoll gegensteuern.

Reichlich schmackhaftes Gemüse, herzhafte Kräuter, abwechslungsreiche Gewürze – mehr braucht es eigentlich nicht, wenn Sie wirklich etwas für die Erhaltung Ihrer Gesundheit tun wollen. Eine ausgewogene und bewusste Ernährung ist nämlich das einfachste und wirkungsvollste Mittel, schädlichen Prozessen vorzubeugen, die – oft leise und nicht bemerkt – irgendwo im Körper stattfinden: den stillen Entzündungen.

Wie die Forschung heute weiß, ist „silent inflammation“, so der englische Fachausdruck, an der Entwicklung der unterschiedlichsten Gesundheitsprobleme bis hin zu ernsten Erkrankungen beteiligt. Schmerzende Gelenke durch Rheuma oder Arthrose, chronische Darmentzündungen, Diabetes Typ 2 und Allergien aller Art gehören dazu. Auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen durch Gefäßverengungen in den Arterien werden mit silent inflammation in Verbindung gebracht. Und neben ungünstigen Lebensgewohnheiten ist eine einseitige Ernährung das, was diese chronischen Entzündungen sehr begünstigt.

„Viele Menschen haben über Jahre hinweg dauerhafte leichte Entzündungen, ohne Symptome zu bemerken oder das Gefühl zu haben, in ihrer Lebensqualität eingeschränkt zu sein“, erklärt die Diplom-Ingenieurin für Ernährungstechnik Silvia Bürkle, die sich seit Jahren mit dieser Problematik auseinandersetzt. „Diese ständigen Entzündungen sorgen aber dafür, dass sich das Immunsystem dauernd in Alarmbereitschaft befindet. Es greift sich selbst an und attackiert über einen langen Zeitraum gesundes Gewebe, Zellen und Blutgefäße.“

Diffuse Symptome wie Abgeschlagenheit, Müdigkeit oder ein insgesamt abnehmendes Wohlbefinden können die Folge sein, aber auch chronische Schmerzen, die das Leben mitunter stark beeinträchtigen. Sogar bei der Entstehung von Krebs scheinen die permanenten „Brandherde im Körper“ eine Rolle zu spielen. „Abwehrzellen geben im Zuge einer Entzündung Botenstoffe ab, die das Überleben von Tumorzellen erleichtern und es ihnen ermöglichen, Blutgefäße sprießen zu lassen, mit denen sie an das Blut­gefäßsystem andocken, um sich besser mit Nährstoffen zu versorgen“, erläutert die Ernährungsexpertin Prof. Dr. Michaela Döll. „Die Entzündungen bereiten dem Tumor also sozusagen ‚das Bett‘, in dem es sich die Krebs­zellen so richtig bequem machen können.“ Manche Forscher bringen selbst Alzheimer mit der silent inflammation in Verbindung.

Entzündungen weg essen
Grund genug also, dafür zu sorgen, dass solche stillen Entzündungen sich gar nicht erst entwickeln. Keine Sorge, sich antientzündlich zu ernähren ist einfacher, als Sie vielleicht denken. Zwei Grundregeln: Lassen Sie möglichst viel von dem weg, was dem Körper schadet – also industriell verarbeitete Lebensmittel. Und versorgen Sie ihn gut mit all den entzündungshemmenden Substanzen und Vitalstoffen, die die Natur uns liefert.

„Charakterisiert wird die antientzündliche Kost durch viel Gemüse und Obst, diverse Gewürze, pflanzliche Enzyme und die richtigen Fette“, so fasst Prof. Döll es zusammen. Besonders wertvoll sind dabei Pflanzen, die reichlich Polyphenole enthalten. Diese entzündungshemmenden, bioaktiven Substanzen werden von Pflanzen als Schutzstoffe gegen schädliche Einflüsse wie Luftschadstoffe oder die 
UV- und Ozonbelastung gebildet.

„Im menschlichen Organismus stärken Poly-phenole nicht nur das Immunsystem. Sie schützen auch die Blutgefäße und das Nervensystem vor Veränderungen und unterstützen die Tumor-überwachung des Körpers“, erklärt Prof. Döll. Zudem fangen die Pflanzenstoffe freie Radikale ab, also die 
instabilen, sauerstoffhaltigen Moleküle, die vom Immunsystem beim Kampf gegen Entzündungen verstärkt gebildet werden. Einige Pflanzen oder Pflanzengruppen mit großer antientzündlicher Wirkung stellen wir Ihnen auf der linken Seite vor.

Als beste Herangehensweise für eine antientzündliche Lebensweise empfiehlt die Ernährungsexpertin Silvia Bürkle das Prinzip „klein anfangen und Spaß daran finden, Neues auszuprobieren“. Sobald die positiven Effekte dann spürbar werden, nimmt die Ernährungsumstellung fast schon von allein an Fahrt auf. „Sie dürfen im Prinzip alles essen – aber im richtigen Maß“, lautet das Credo der Ernährungsexpertin. Selbst Fleisch ist nicht tabu, vorausgesetzt, es stammt aus Wildbestand oder artgerechter Weidehaltung. „Mais und Soja, mit dem die Tiere in Masthaltung gefüttert werden, enthalten sehr viele Omega-6-Fettsäuren“, erklärt Bürkle. „Diese gelangen mit dem Fleisch in den menschlichen Organismus, wo sie nur in einem gewissen Maß vom Körper verarbeitet werden können. Alles darüber hinaus wird in Arachidonsäure umgewandelt, die – in den Körperzellen gespeichert – die Entzündungsneigung erhöht.“

10 Beschützer aus der Natur
Diese Gewürze, Kräuter, Gemüse- und Obstsorten wirken besonders stark anti­entzündlich in Ihrem Körper:

Kurkuma
Der wichtigste Inhaltsstoff in der Wurzel der südost­asiatischen Pflanze ist der bioaktive Pflanzenstoff Curcumin. „Er blockiert genau an der Stelle den Entzündungsprozess, an der auch Medikamente wie Ibu­- pro­fen ansetzen“, erklärt Bürkle. „Zudem senkt er den Histaminspiegel, was ebenfalls das Entzündungsgeschehen beruhigt.“ Verzehrtipp: Kombinieren Sie Kurkuma immer mit gutem Öl oder fetthaltigen Speisen, da Curcumin fettlöslich ist. In der indischen Heimat der Pflanze werden viele Speisen mit einem halben bis ganzen Teelöffel Kurkumapulver aufgewertet.

Ingwer
Ingwerwurzel verleiht roh, gekocht oder geraspelt Gerichten eine angenehme Schärfe. Diese entsteht durch das Polyphenol Gingerol, das wärmend und entzündungshemmend wirkt. Prof. Döll: „Es drosselt Ent­zün­dungsmarker, die bei einem Lebensstil, der Entzündungen fördert, erhöht sind.“ Verzehrtipp: Trinken Sie über den Tag verteilt eine Thermoskanne Ingwerwasser. Dafür frischen, in Stücke geschnittenen Ingwer (etwa 3 cm) für zehn Minuten in 1,5 Litern Wasser kochen und ihn danach genauso lange ziehen lassen.

Schwarzkümmel  
In den kleinen, dunklen Körnchen, die türkischem Fladenbrot ihren typischen Geschmack verleihen, steckt reichlich Gamma-Linolensäure. Ihr wird eine stark entzündungshemmende Wirkung nachgesagt. Verzehrtipp: Würzen Sie mit den Samen oder ersetzen Sie beispielsweise im Salatdressing das Öl durch kalt gepresstes Schwarzkümmelöl.

Kräuter  
Mit Kräutern kommt ein wahres Potpourri ätherischer Öle mit antientzündlichem und antioxidativem Potenzial ans Essen. Verzehrtipp: Sie können Kräuter frisch und getrocknet verwenden. Antioxi­dan­zien sind nicht wasserlöslich und gehen deshalb beim Trocknen nicht verloren.

Knoblauch
Hauptwirkstoff ist das Allicin, ein pflanz­liches Antibiotikum, das auch die Produktion von entzündungsfördernden Botenstoffen (Zytokinen) reduziert. Verzehrtipp: Die meisten Inhaltsstoffe bekommen Sie über frischen, gehackten Knoblauch. Beim Erhitzen geht die gesun­de Wir­kung zum Teil verloren. Geben Sie Knoblauch deshalb erst am Ende des Kochvorgangs zum Essen. Knoblauch­geruch verhindern Sie, wenn Sie nach dem Knoblauchverzehr einen Apfel essen.

Brokkoli  
Der grüne Verwandte des Blumenkohls ist unter den Gemüsesorten der beste Entzündungshemmer. Er enthält besonders viele Senfölglykoside, aus denen beim Kauen Sulforaphan gebildet wird, das starke antioxidative Eigenschaften entfaltet. Verzehrtipp: Essen sie Brokkoli roh, kurz gedämpft oder angebraten, da die Inhaltsstoffe wasserlöslich und zum Teil hitzeempfindlich sind. Beim Kochen gehen bis zu 50 Prozent der Wirkstoffe verloren.

Rote Bete   
Das große Plus der gesunden Knolle sind ihre roten Farbpigmente, die Betalaine. Diese hemmen bestimmte Enzyme, die an der Freisetzung proentzündlicher Botenstoffe beteiligt sind. Verzehrtipp: Genießen Sie Rote Bete am besten als Rohkost, Saft oder in einem Smoothie. Bürkle: „Den leicht herben Nachgeschmack können Sie gut mit Früchten oder Gewürzen ausgleichen.“

Dunkle Beeren  
Dunkle Beerenfrüchte wie die Acai-, die Aronia- oder auch die Heidelbeere sind besonders reich an Anthocyanen. Diese Polyphenole färben nicht nur die Beeren blau bis dunkelviolett, sie schützen auch die menschlichen Zellen vor Entzündungen. Verzehrtipp: Die meisten exotischen Beeren sind nicht lange haltbar. Sie werden deshalb meist nach der Ernte schockgefrostet oder zu Saft und Extrakten weiterverarbeitet. Bei Heidelbeeren sind die wilden Früchte gesünder als die gezüchteten, bei denen der blaue Farbstoff nur in der Schale sitzt.

Papaya und Ananas
Die pflanzlichen Enzyme Papain aus der Papaya und Bromelain aus der Ananas unterstützen den Heilungsprozess bei Infektionen und Verletzungen und tragen zur Beendigung des Entzündungsgeschehens bei. Dadurch sinkt das Risiko für zurückbleibende „Brandherde“. Verzehrtipp: Bei der Ananas steckt das Enzym vor allem im Strunk, den Sie in den Entsafter stecken sollten. Papain findet sich vor allem in den unreifen Früchten. Daraus werden in der thailändischen
Küche Salate wie „Som Tam“ zubereitet.

Leinöl, Olivenöl, Kokosöl und Algenöl   
Öl aus Leinsamen ist reich an Omega-3- Fettsäuren, aus denen entzündungshemmende Botenstoffe gebildet werden können, aus Mikroalgen gewonnenes Algenöl liefert die wichtigen marinen Fett­säuren EPA und DHA. Olivenöl und das darin enthaltene Oleocanthal blockiert die Bildung der entzündungsfördernden Arachidonsäure. Laurinsäure aus dem Kokosöl stärkt den Darm und damit das Immunsystem. Verzehrtipp: Werden Omega-3-Fettsäuren mit schwefelhaltigen Aminosäuren beispielsweise aus Quark und Hüttenkäse kombiniert, können sie besser vom Körper aufgenommen werden. 

 

Diesen Beitrag finden Sie in Ausgabe 1/2020

 

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